Wenn ganze Bäume oder Sträucher im Sommer wie in weisse Watte gepackt sind, waren vermutlich Gespinstmotten (mehrere Arten der Gattung Yponomeuta) am Werk. Oder besser gesagt, ihre Raupen.
Bevorzugt werden je nach Art Traubenkirschen, Pfaffenhütchen, Pappeln oder Obstbäume. Gespinstmottenarten sind wirtsspezifisch und werden oft nach ihrem Wirt benannt.
Begünstigt durch den Klimawandel kommt es in den letzten Jahren immer öfter zu Massenvermehrungen, die aber relativ einfach in Schach zu halten sind – gewusst wie.
Die Weibchen der Gespinstmotten legen im Herbst zahlreiche Eier an dünnen Zweigen ab, meist in der Nähe von Knospen. Dabei orientiert sich die Motte am Duft der Wirtspflanze. Die Eier überzieht sie anschliessend mit einer Schutzschicht, einem schnell aushärtenden Sekret.
Die Raupen schlüpfen vor dem Winter und überwintern im ersten Larvenstadium unter dieser Schutzschicht. Im Frühjahr werden sie wieder aktiv und fressen im Schutz ihrer Gespinste an Bäumen und Sträuchern, bis diese kahl sind. Dies ist mehrheitlich gegen Ende Juni der Fall, danach beginnt die Verpuppung, ebenfalls im schützenden Gespinst. Die Kokons hängen dabei senkrecht.
Ab Juli schlüpfen nach 10-20 Tagen die Falter, die dann wieder mit der Eiablage für das nächste Jahr beginnen. Die Gespinstmotten kommen bei uns auf eine Generation pro Jahr.
Der Befall betrifft vor allem das Laub. Verfärbte Blattspitzen und weisse Gespinste an Seiten- oder Endtrieben weisen auf die Gespinstmotte hin. Die Gespinste sind erstaunlich reissfest, und gehen sie an einer Stelle einmal kaputt, werden sie schnell wieder ausgebessert. Am gefrässigsten sind die Raupen im letzten Raupenstadium im Juni. Starker Befall, wie er vor allem bei Traubenkirsche, Pfaffenhütchen, Schlehe oder Weissdorn bekannt ist, kann bis zum Kahlfrass der Bäume und Sträucher führen, die oft silbrig glänzend zurückbleiben.
Da der Befall zeitlich begrenzt ist und sich hauptsächlich auf die Monate Mai und Juni beschränkt, treiben die Gehölze in der Regel wieder aus. Der Raupenkot stellt dem Wirt die verloren gegangenen Nährstoffe schnell und in zugänglicher Weise wieder zur Verfügung. Glücklicherweise gehören die stark befallenen Pflanzenarten auch zu den vitaleren, die wieder kräftig austreiben können, sodass vom Befall bald nichts mehr zu sehen ist.
So bleibt der Schaden auf lange Sicht gering. Die Seidengespinste werden in erster Linie zum Schutz gegen Frassfeinde gesponnen, auch über nicht befallene Strukturen (Bänke, Zäune). Die Raupen verhungern oft, wenn keine geeigneten Bäume oder Sträucher mehr in der Nähe sind, und regulieren sich so selbst.
Sonst kann man die Nester mit einem scharfen Wasserstrahl zerstören oder frühzeitig absammeln, bevor die Raupen grosse Gespinste gebildet haben. Dabei sollte auch der Boden um die befallenen Pflanzen herum abgesucht werden.
Bei akutem Befall hilft eine Eindämmung durch Abschneiden einzelner Pflanzenteile (Entsorgung im Hausmüll) sowie die Behandlung mit dem Bakterium Bacillus thuringiensis var (Bt). Dieses Bakterium kommt natürlich vor und ist nützlingsschonend. Die Schadraupe nimmt den Bacillus durch Frass auf und wird so gezielt bekämpft.
Wichtig bei einer Behandlung mit Bakterien ist der richtige Zeitpunkt. Da die Raupen bei kalter Witterung wenig fressen, wird Bt nicht bei niedrigen Temperaturen eingesetzt. Mit der Behandlung darf aber auch nicht zu lange gewartet werden – die junge Larve muss sich noch im Frassstadium befinden und zudem wird der Zugang durch das Gespinst immer schwieriger.
Das Gespinst der Gespinstmotte wird oft mit dem des Eichenprozessionsspinners verwechselt. Während die Raupen des Eichenprozessionsspinners Brennhaare tragen und eine Berührung allergische Reaktionen hervorrufen kann, sind die Raupen der Gespinstmotte unbehaart und eine Berührung der Raupen oder der Gespinste ist völlig ungefährlich.